Während ein grosser Teil der Mannschaft des FC Bayern ausgelassen im Nobelrestaurant Käfer die 34. Meisterschaft feiert, lässt es Manuel Neuer lieber geruhsam angehen und kocht sich zu Hause ein schönes Spargelrisotto. Dazu kann man geteilter Meinung sein.
Pro: Neuer lässt es ruhiger angehen – und das ist (in diesem Fall) in Ordnung!
von Michael Schleicher
Oh mein Gott, darf er das überhaupt?! Am Sonntagabend fehlte
Kurz nach dem Leverkusener Unentschieden gegen Freiburg, gleichbedeutend mit der 34. Münchner Meisterschaft, postete Neuer ein Bild vom heimischen Herd. Pfanne links, Siegerfaust rechts – so posierte der 39-Jährige für seine Fans.
Um die Anfangsfrage zu beantworten: Natürlich darf Neuer das! Denn an sich gab es für den Torwart wenig Grund, vom Tegernsee in die Münchner Innenstadt zu fahren, um mit seinen Teamkollegen zu feiern – es sei denn, er hätte es unbedingt gewollt.
Das schien aber nicht der Fall zu sein, Neuer liess es etwas ruhiger angehen. Zur Einordnung: Anders als bei den Feierbiestern
Hinzu kommt: Eine grosse Überraschung war die Meisterschaft auch nach dem Unentschieden in Leipzig nicht mehr. Die Jubel-Szenen nach dem Schlusspfiff im Stadion sprachen Bände. Anders wäre Neuers Reaktion möglicherweise ausgefallen, wenn es eine Last-Second-Meisterschaft wie 2022/23 gegeben hätte.
Mit dem Risotto-Bild erzielt Neuer aber auch noch einen anderen Effekt: Im entspannten Zuhause-Look gibt sich Neuer seinen über 14 Millionen Followern nahbar, die Fans bekommen einen Mini-Einblick ins Privatleben des Superstars.
Gleichzeitig, so könnte man argumentieren, könnte Neuer mit dem Post auch deutlich machen, dass ihm im Spätherbst seiner Karriere seine Work-Life-Balance wichtiger geworden ist. Mit 39 Jahren und etlichen Titeln im Gepäck muss er nicht mehr jede Feier mitmachen, jede (freiwillige) Veranstaltung seines Arbeitgebers besuchen – stattdessen lässt es der Kapitän mit Spargelrisotto nun eben etwas ruhiger angehen. Es ist Neuers gutes Recht.
Contra: Dieser Instagram-Post ist einer Deutschen Meisterschaft nicht angemessen!
von Sabrina Schäfer
Es gibt Bayern-Fans, die können sich noch an legendäre Nächte auf der Leopoldstrasse erinnern. An Autokorsos, Hupkonzerte, die durch München schallten, und Partys bis tief in die Nacht, wenn der FC Bayern Meister wurde.
Diese Zeiten sind leider vorbei. Als das Spiel von Leverkusen bei Freiburg mit 2:2 zu Ende gegangen war und die Bayern auch rechnerisch als Deutscher Meister feststanden, suchte man in München vergeblich feiernde Menschenmassen. Trotz der einjährigen Pause durch Leverkusens Meisterschaft scheinen die Münchner Fans sattgefeiert.
Wie schön war es da zu sehen, dass im Nobelrestaurant Käfer dann doch viele Bayern-Spieler ordentlich die Sau rausliessen und bis tief in die Nacht feierten. Allen voran natürlich Harry Kane, der nun endlich seinen Fluch besiegt hat.
Nicht dabei allerdings: ausgerechnet Kapitän Manuel Neuer. Der weilte derweil in seiner Küche am Tegernsee und schaffte es gerade so zwischen Fertigstellung und Verzehr eines Spargelrisottos, sich einen Daumen-Hoch-Post aus den Rippen zu leiern. Auch mit der Caption zum Bild wollte sich Neuer scheinbar nicht verausgaben: "Meisterfeier (mit Spargelrisotto)!" liest man da.
Nun ist natürlich gegen ein Spargelrisotto absolut nichts einzuwenden, eine Deutsche Meisterschaft sollte jedoch dringend anders begangen werden. Schliesslich ist sie ein Titel, den viele Mannschaften jahrelang vergeblich zu erreichen versuchen. Viele sagen auch, es sei der ehrlichste Titel, weil über den längsten Zeitraum und mit Konstanz erarbeitet. Und da ist schon was dran. Die Deutsche Meisterschaft, die in anderen Städten Deutschlands und bei anderen Vereinen für einen absoluten Ausnahmezustand sorgen kann, mit einem Spargelrisotto zu feiern - zumal als Kapitän! -, wird ihr einfach nicht gerecht und ist fast schon eine Herabwürdigung. Zumal Neuer ja sogar in seinem eigenen Team sehen kann, wie wichtig dieser Titel ist - siehe Harry Kane.
Mit seinem Instagram-Post hat Manuel Neuer einmal mehr gezeigt: Viele Münchner haben sich an der Deutschen Meisterschaft satt gegessen. Und das ist mindestens schade.