Die schwere Verletzung von Jamal Musiala hat auch unseren Kolumnisten Holger Badstuber betroffen gemacht. Auch deshalb, weil er sich bei der Szene an seine eigene Karriere erinnert fühlt.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Holger Badstuber dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

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keiner kam an den dramatischen Bildern vorbei. Ein Bruch. Wadenbein, Sprunggelenk. Monatelanger Ausfall. Jamal Musiala hat sich schwer verletzt - ein grosser Einschnitt. Ich weiss, wovon ich rede, ich war auch in so einer Situation. Raketenstart, Nationalspieler, Stammkraft beim FC Bayern - und dann kamen Rückschläge.

Jetzt zählt der Kopf

Für Musiala beginnt jetzt eine Phase, die nicht nur körperlich, sondern vor allem mental zur echten Herausforderung wird. Diese Zeit ist eine wichtige Phase in einer Karriere. Und es ist eine Charakterfrage.

Jetzt geht es um Klarheit. Um einen Plan. Um ein Umfeld, das mitzieht. Und um absolute Konzentration auf die Heilung. Er braucht keine Diskussionen, keine Ablenkungen. Nur Fokus. Wenn er das richtig angeht, kann er stärker zurückkommen. Das weiss ich ebenfalls aus eigener Erfahrung. Und auch Florian Wirtz hat es nach seinem Kreuzbandriss vorgemacht. Musiala hat alles, was es dafür braucht.

Was es aber auch bedeutet: Der FC Bayern verliert einen Fixpunkt. Nach der Vertragsverlängerung war klar, dass Musiala das neue Zentrum wird. Die Nummer 10. Der Spieler, um den herum sich offensiv alles dreht. Jetzt fällt das weg. Andere müssen liefern. Und die Führungsetage muss zeigen, wie anpassungsfähig sie ist. Denn dieser Transfersommer wird nicht so laufen wie geplant.

Woltemade? Noch nicht bereit für den nächsten Schritt

Unter anderem ist Nick Woltemade als Neuzugang in der Diskussion. Ich sag’s offen: Ich sehe ihn noch nicht als FCB-Spieler. Seine Entwicklung ist gut, er hat etwas Besonderes - aber auch noch keine komplette Saison auf hohem Niveau mit Dreifach-Belastung mitgespielt. Und: Nach nur einem Jahr schon wieder den Verein zu wechseln? Das ist auch eine Frage der Haltung. Ich würde ihm raten, beim VfB zu bleiben, europäisch zu spielen, Rhythmus zu sammeln. Dann kann man weitersehen.

Auch eine Verlängerung von Thomas Müller geisterte kurz wieder durch die Schlagzeilen. Der Gedanke liegt nahe, aber er greift zu kurz. Ich halte nichts davon - und Thomas auch nicht, wie sein Abschiedsvideo von der Säbener Strasse gezeigt hat. Er hatte seine Abschiedsrunde. Jetzt noch eine Ehrenrunde dranzuhängen, hilft niemandem. In der MLS sehe ich ihn ehrlich gesagt ebenfalls nicht. Besser wäre es, ihn schnell in eine neue Rolle beim FC Bayern einzubinden.

Thomas kennt den Klub wie kaum ein anderer. Er ist und bleibt "Mr. FC Bayern". Seine Klarheit braucht Bayern jetzt, wenn es sportlich unruhiger wird. In einer Rolle abseits des Rasens kann er vermitteln, schützen, Impulse geben. Das wäre mehr als Symbolik - das ist Substanz.

Klub-WM: Viel Aufwand, wenig Ertrag – mit hohem Preis

Und damit sind wir bei der Klub-WM - dem Turnier, bei dem all das zusammenkommt: Hoffnung, Abschied und am Ende Ernüchterung. Sportlich und emotional nehme ich jedenfalls wenig mit. Die Begeisterung war überschaubar, die Stadien beizeiten zu leer, die Anstosszeiten aus europäischer Sicht oft eine Zumutung. U19-WM, U21-EM, dazu die Frauen-EM - zu viel Fussball auf einmal im "Sommerloch" führte bei mir zur Reizüberflutung. Grundsätzlich hätte ich dieses Turnier lieber dort gesehen, wo der Vereinsfussball lebt, wo er historisch verankert ist, wo die Fans ihn atmen - in Europa.

Finanziell mag der FC Bayern bei diesem Turnier profitiert haben. Aber der Preis war hoch. Jamal Musiala fällt aus. Und auch das ist ein bitterer Beweis dafür, dass sportlicher Erfolg und wirtschaftliche Interessen nicht immer im Gleichschritt marschieren, sondern manchmal sogar brutal aufeinanderprallen.

Gute Besserung, Jamal.

Bis zur nächsten Kolumne!

Euer Holger Badstuber