Die schwere Verletzung von Jamal Musiala schockt den FC Bayern München. Niemand kann die Qualitäten des offensiven Mittelfeldspielers ersetzen. Dennoch gibt es verschiedene Optionen, um den Ausfall einigermassen zu kompensieren.

Eine Analyse
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Die FIFA-Klub-Weltmeisterschaft endete für den FC Bayern München mit einer schlechten Nachricht. Jamal Musiala brach sich bei der 0:2-Viertelfinal-Niederlage gegen Paris Saint-Germain im Rahmen einer Sprunggelenksluxation das Wadenbein.

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"Diese schwere Verletzung und der lange Ausfall sind ein echter Schock für Jamal und uns alle", sagte Sportvorstand Max Eberl. "Das trifft den FC Bayern. Jeder weiss, wie immens wichtig Jamal für unser Spiel ist und was für eine zentrale Rolle er für unser Team hat."

Der offensive Mittelfeldspieler ist aufgrund seiner fussballerischen Qualitäten nicht eins zu eins zu ersetzen. Dennoch gilt es, eine bestmögliche Lösung für die kommenden Monate zu finden, in denen der 22-Jährige fehlen wird.

Bleibt Thomas Müller nun doch beim FC Bayern?

Als Musiala von Mitte April an bis zum Saisonende aufgrund eines Muskelbündelrisses fehlte, wurde er vielfach von Thomas Müller vertreten. Dessen Vertrag beim FC Bayern ist allerdings ausgelaufen. Beim letzten Heimspiel der Saison gegen Borussia Mönchengladbach wurde er offiziell verabschiedet. Ein Verbleib ist nicht angedacht.

Lothar Matthäus rät in der "Bild" zu einem Umdenken: "Der FC Bayern sollte sich in dieser Situation überlegen, ob Thomas Müller nicht noch einen Vertrag über ein halbes Jahr bekommen sollte. Die Saison in den USA startet dann ja erst und in der Zwischenzeit könnte er dem FC Bayern eine grosse Hilfe sein."

Eberl sagte direkt nach dem Spiel gegen Paris über diese Theorie: "Das ist nicht in unseren Gedanken." Auch Müller wischte solche Spekulationen schnell zur Seite. "Jeder kann sich seine Gedanken machen. Aber nur weil man irgendwelche Gedankenspiele auf den Tisch bringen kann, hat das nichts mit der Realität zu tun."

Allerdings hatte Müller mehrmals klargestellt, dass er gerne noch länger beim FC Bayern geblieben wäre. Bislang hat der 35-Jährige bei keinem anderen Verein unterschrieben. Sollte der FC Bayern ihn darum bitten, als Übergangslösung einen Kurzzeitvertrag zu unterschreiben, wird er seinen Herzens-Verein wohl kaum in Stich lassen.

Verletzung bestätigt: Jamal Musiala erleidet Wadenbeinbruch

FC Bayern bestätigt Verletzung von Jamal Musiala

Die schlimmen Befürchtungen nach den schrecklichen Bildern um Jamal Musiala bewahrheiten sich: Der 22 Jahre alte Fussball-Nationalspieler fällt lange aus. Prognosen über die Dauer sind schwierig.

Transfer von Nick Woltemade könnte an Fahrt aufnehmen

Der frühere Bayern-Spieler und heutige SAT.1-Experte Markus Babbel sieht allerdings eine andere Lösung: "Ich könnte mir vorstellen, dass der Woltemade-Transfer durch die Musiala-Verletzung an Fahrt aufnimmt", sagte er. Matthäus sieht das ähnlich: "Die Musiala-Situation dürfte auch einen Einfluss auf die Verhandlungen um Nick Woltemade haben. Der Stuttgarter ist ein Spieler, der die Position von Jamal Musiala spielen könnte."

Der Stürmer steht noch bis zum Sommer 2028 beim VfB Stuttgart unter Vertrag. Eberl hatte bereits bestätigt, dass der FC Bayern an einer Verpflichtung von Nick Woltemade interessiert ist. Die früheren Stürmer Fredi Bobic und Kevin Kuranyi bewerteten einen möglichen Transfer kürzlich noch kritisch, weil der 23-Jährige in München nicht genug Spielzeit bekommen könnte. Dieses Problem hätte sich durch die Verletzung von Musiala erledigt.

Woltemade würde dem FC Bayern viele taktische Optionen bieten. Er könnte die Position von Musiala hinter dem Stürmer Harry Kane einnehmen, könnte allerdings auch als zweiter Stürmer neben Kane agieren. Beide findet man nicht nur im Strafraum, sondern sie lassen sich auch gerne tief fallen und holen sich die Bälle. Sofern Kane und Woltemade ihre Laufwege abstimmen, könnte dies den FC Bayern unberechenbar machen.

Leon Goretzka kann im Mittelfeld alle Positionen spielen

Kommt der Transfer von Woltemade nicht zustande, bietet auch der vorhandene Kader des FC Bayern einige Lösungen. Leon Goretzka ist eigentlich ein zentraler Mittelfeldspieler, könnte allerdings auch offensiver aufgestellt werden und somit die Position von Musiala einnehmen.

Sein Ex-Trainer Peter Neururer sagte im Gespräch mit unserer Redaktion: "Leon ist wahnsinnig schnell, wahnsinnig laufstark und wahnsinnig spielintelligent. Er ist kein klassischer Sechser und kann im Mittelfeld auf jeder Position spielen. Leon muss vom Zentrum aus das Spiel lenken."

Der 30-Jährige agierte früher beim FC Schalke teilweise als offensiver Mittelfeldspieler. Grundsätzlich ist er ein sogenannter Box-to-Box-Spieler, der das komplette Spielfeld abdeckt. Mit seinen dynamischen Dribblings und seiner Qualität im Abschluss wäre er allerdings auch dazu in der Lage, seinen Fokus mehr auf die Offensive zu setzen.

Goretzka ist zwar nicht wie Musiala dazu in der Lage, sich auf engsten Räumen an mehreren Gegenspielern vorbeizudribbeln. Allerdings sind Spieler mit der technischen Qualität eines Musiala im Bayern-Kader insgesamt nicht zu finden.

Serge Gnabry tat sich nach seiner Einwechslung schwer

Auch Serge Gnabry, der gegen Paris zur Halbzeit für Musiala eingewechselt wurde, tat sich mit dieser Rolle schwer. Er hatte in der 2. Halbzeit lediglich 17 Ballkontakte, eine Fehlpassquote von horrenden 40 Prozent, bekam keinen Torschuss und nur eine Torschussvorlage zustande.

Die Stärken des 29-Jährigen sind die Schnelligkeit, die Dribblings und die Tiefenläufe, die er am besten auf dem Flügel einbringen kann. Als offensiver Mittelfeldspieler wurde Gnabry nur selten eingesetzt. Hinzu kommt, dass Gnabry seit seiner verletzungsgeplagten Saison 2023/24 von starken Formschwankungen betroffen ist.

Einen besseren Eindruck bei der Klub-WM hinterliess der 17-jährige Lennart Karl, der beim Auftaktspiel gegen Auckland City zur Halbzeit eingewechselt wurde und eine starke Leistung ablieferte. Er ist ein gelernter offensiver Mittelfeldspieler, dürfte allerdings für eine Rolle als Stammspieler noch zu jung sein.

Experiment mit Raphaël Guerreiro verlief durchwachsen

Eher vorstellbar wäre, dass der Linksverteidiger Raphaël Guerreiro die Rolle im offensiven Mittelfeld einnimmt. Dies tat er bereits am 25. Spieltag der vergangenen Saison gegen den VfL Bochum. Das Spiel wurde zwar mit 2:3 verloren. Guerreiro war allerdings der beste Bayern-Spieler auf dem Feld und schoss zwei Tore.

Kompany war von dessen Leistung so angetan, dass er Guerreiro am 8. April im Champions-League-Viertelfinal-Hinspiel gegen Inter Mailand erneut als offensiven Mittelfeldspieler auflaufen liess. Allerdings tat er sich gegen die Italiener in dieser Rolle schwer. Missverständnisse mit den Mitspielern und mangelndes Tempo im Spiel nach vorne blieben in Erinnerung. Es war sichtbar, dass der Portugiese kein gelernter offensiver Mittelfeldspieler ist.

Paul Wanner: Vom Leih-Kandidaten zum Musiala-Ersatz?

Bei Paul Wanner wäre dies anders. Der 19-Jährige nahm in den vergangenen zwei Spielzeiten als Leihspieler eine starke Entwicklung – erst bei der SV Elversberg in der 2. Liga, in der zurückliegenden Saison beim 1. FC Heidenheim in der Bundesliga und in der UEFA Conference League. Auch gegen internationale Top-Mannschaften wie den FC Chelsea agierte Wanner auf seiner Stammposition im offensiven Mittelfeld.

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Sportdirektor Christoph Freund lobte Wanner Mitte der Saison und sagte: "Grundsätzlich sind wir sehr, sehr happy und zufrieden mit der Entwicklung von Paul. Er hat es letztes Jahr schon in Elversberg gut gemacht, jetzt in Heidenheim. Er macht richtig gute Spiele. Er ist ein Spieler, mit dem wir unsere Zukunft planen. Er soll in der Zukunft wichtig für den FC Bayern München werden."

Dies könnte durch die Verletzung von Musiala bereits jetzt schon der Fall sein. Ursprünglich schien eine erneute Ausleihe geplant zu sein. Das Portal "deichstube.de" berichtete, dass neben dem VfB Stuttgart auch der SV Werder Bremen an einer Ausleihe interessiert sein sollen.

Nun könnte er allerdings in München gebraucht werden.

Verwendete Quellen: