Vor der Europameisterschaft 2025 hatte man von den Gastgeberinnen aus der Schweiz kaum etwas erwartet. Zu jung das Team, zu stur die Trainerin, zu schlecht die Statistik. Die Leidenschaft im Eröffnungsspiel gegen die hoch favorisierten Norwegerinnen zeigte aber, dass die Nati um Trainerin Pia Sundhage trotz 1:2-Niederlage doch auf das Viertelfinale hoffen kann.
Am Ende standen sie doch mit leeren Händen in ihrem Wohnzimmer, dem St.-Jakob-Park in Basel. Hierhin waren 34.000 Zuschauer am Mittwochabend für das offizielle Eröffnungsspiel der Europameisterschaft der Frauen gekommen. Den Auftaktsieg schenkten die Schweizerinnen gegen Norwegen denkbar knapp her. 1:2 stand es am Ende – doch die Partie hätte auch gut und gern anders ausgehen können.
Denn lange Zeit war die Schweizer Nati die dominierende Mannschaft in Basel, die Führung in der 27. Minute durch die Frankfurterin Nadine Riesen kam keineswegs unverdient. "Wir haben viel richtig gemacht", sagte Spielmacherin Lia Wälti dem SRF nach der Partie. "Aber am Ende stehst du mit null Punkten da – das ist sehr bitter." Doch die Schweizer Nationalmannschaft hat gezeigt, dass man sie – entgegen aller Erwartungen – doch besser noch nicht abschreiben sollte.
Sundhage sieht "zwei Schritte nach vorn" bei ihrer Mannschaft
Mit einer defensiven Fünferkette startete Pia Sundhage, die die Schweizer Nationalspielerinnen Anfang 2024 übernommen hatte. Doch die Gastgeberinnen stellten sich keineswegs nur hinten rein, im Gegenteil: Die Schweiz übernahm die Spielkontrolle. Frankfurts Géraldine Reuteler brillierte mit Offensivaktionen ebenso wie Mittelfeldchefin Lia Wälti. Das 1:0 durch Nadine Riesen (27. Minute) war folgerichtig, für Norwegen war es bis dorthin eine gebrauchte Partie.
Wesentlich besser spielten die Skandinavierinnen auch nach der Halbzeitpause nicht – doch individuelle Klasse und viel Erfahrung als Team zwangen die Schweizerinnen zu zwei unglücklichen, aber spielentscheidenden Fehlern.
Starke Statistik für die Schweiz – "unverdiente Tore" für Norwegen
Bei aller Enttäuschung über die Niederlage gegen Norwegen machte der Schweizer Auftritt aber viel Hoffnung für die kommenden Spiele. Die Schweiz schoss mehr als doppelt so häufig auf das Tor wie Norwegen (17 zu 8), sie spielten viel mehr Pässe (425 zu 364), von denen auch mehr ankamen (81 zu 73 Prozent). Torhüterin Livia Peng griff dazu mehrmals beherzt ein. Der Spielstand spiegelte über weite Strecken der Partie nicht die Leistung der Mannschaften wider. "Ich finde, die zwei Goals, die gefallen sind, sind eher unverdient gewesen", sagte auch Reuteler, die von der Uefa zur Spielerin des Spiels gewählt wurde.
Norwegen wirkte zeitweise zerstreut, hatte kein gutes Stellungsspiel und wenige Torchancen. Sie wurden von der Nati überrascht, die mit vielen diagonalen Bällen und schnellen Flügelspielerinnen Räume aufrissen und Norwegen nicht zum Zug kommen liessen. Superstar Ada Hegerberg verschoss gar einen Elfmeter, der den 3:1-Endstand hätte markieren müssen. Und so scheint ein Weiterkommen der Gastgeberinnen nun doch nicht mehr abwegig, sollten sie genauso viel Leidenschaft in die kommenden Partien gegen Island (Sonntag, 6. Juli, 21 Uhr) und Finnland (Donnerstag, 10. Juli, 21 Uhr) stecken.
Viel erwartete man nicht von der Nati
Viel hatte man nicht erwartet vor der Heim-EM von der Schweizer Nati. Platz 14 im Uefa-Ranking – Stagnation, daran hatte sich auch zuletzt nichts geändert. In der Nations League konnte man zuletzt keines der sechs Spiele gewinnen, nur gegen Island spielte die Nati zweimal unentschieden. Für die hohe 1:7-Klatsche gegen die U15-Männermannschaft des FC Luzern in einem Testspiel ernteten die Schweizerinnen auf Social Media viel Spott und Häme.
So kurz vor der EM vermochte also selbst die so erfahrene und erfolgreiche Startrainerin Sundhage der Schweizer Nati nicht aus der Lethargie heraushelfen. Im Gegenteil: Sundhage sorge nicht für eine Gemeinschaft und spiele die Verletzungen der Spielerinnen herunter, hörte man zwischenzeitlich. Keine Werbung für den ohnehin wenig beachteten Schweizer Frauenfussball. Über die Form von Lia Wälti wurde ebenso diskutiert wie über die junge Schweizer Mannschaft und die Torhüterin. All die Skeptiker verstummten am Mittwochabend im St.-Jakob-Park. Die Hoffnung, sie lebt.