Der FC Bayern zeigt sich völlig unbeeindruckt von der Geburt des Hummels-Babys. Nigel de Jong hat gar nichts verlernt - und Mario Gomez natürlich auch nicht. Unsere - wie immer nicht ganz ernst gemeinten - Lehren des 18. Spieltags der Bundesliga.

Fabian Teichmann
Eine Glosse

1. Lehre: Nigel de Jong hat gar nichts verlernt

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Kevin-Prince Boateng gegen Michael Ballack, Luis Suarez gegen Giorgio Chiellini, Toni Schumacher gegen Patrick Battiston, Juan Zuniga gegen Neymar, Frank Rijkaard gegen Rudi Völler und Zinedine Zidane gegen Marco Materazzi.

In der Vergangenheit haben Fussballer immer wieder das fragwürdige Kunststück hinbekommen, durch Unsportlichkeiten wie Fouls, Kopfstösse, Beiss- oder Spuckattacken in die Geschichte einzugehen.

Einen festen Platz in dieser elitären Rüpel-Garde hat spätestens seit dem WM-Finale 2010 im südafrikanischen Johannesburg auch Nigel de Jong.

Das Unfassbarste an seinem Kung-Fu-Tritt gegen den Spanier Xabi Alonso ist und bleibt, dass er dafür von Schiedsrichter Howard Webb nicht mal die Rote Karte bekommen hat.

Mit seinen inzwischen 33 Jahren will der ehemalige HSV-Profi nun ein zweites Mal in der Bundesliga durchstarten. Der zentrale Mittelfeldspieler wechselte in der Winterpause zum 1. FSV Mainz 05.

Gegen Hannover 96 stand der Niederländer auch sofort in der Startelf - und machte seinem Ruf natürlich umgehend alle Ehre. De Jong hat überhaupt nichts verlernt!

Aggressivität in jedem Zweikampf, Nickeligkeiten ohne Ende, gerne auch mal ein Foulspiel, fast immer an der Grenze zum Platzverweis - den Knochen seiner Gegenspieler steht eine schmerzhafte Rückrunde bevor.

Dass diese Spielweise nicht immer zum Erfolg führt, bewies de Jong auch gleich mal bei seiner Premiere für die Mainzer.

Ein Foul des Niederländers führte kurz vor der Halbzeit zum Elfmeter für Hannover. Niclas Füllkrug verwandelte sicher - und irgendwie wurde de Jong so zum Sinnbild für die 05er, die ihren starken Start inklusive 2:0-Führung sorglos verdaddelten.

Am Ende standen eine 2:3-Niederlage und keine Punkte für Nigel de Jong und Co. Einen echten Typen hat die Bundesliga mit ihm dennoch wieder zurückgewonnen.

Und wer weiss - vielleicht wird der doch etwas veraltete Begriff der Nickeligkeit schon bald aus dem Duden gestrichen und in Zukunft von der "Nigeligkeit" ersetzt. Wäre in jedem Fall passend ...

2. Lehre: Mario Gomez trifft am schönsten nicht

Das technisch hochwertigste Tor des 18. Spieltags fiel am Samstag in Stuttgart bei der Partie gegen Hertha BSC. Einziger Wermutstropfen für den Schützen Niklas Stark: Es war ein Eigentor.

Mit ganz viel Gefühl im Fuss hob der Verteidiger der Berliner den Ball in der 78. Minute über seinen Torhüter Rune Jarstein. Der hatte nicht den Hauch einer Chance.

Nett anzusehen, witzige Geschichte - sofern man nicht gerade Fan der Hertha ist. Doch das mit Abstand Spannendste an der Aktion war eigentlich, wer nicht getroffen hatte - nämlich Mario Gomez.

Der VfB-Rückkehrer hatte lediglich Druck auf Stark ausgeübt und den Siegtreffer für die Stuttgarter so quasi erzwungen. Was für ein traumhaftes Comeback - und das ohne eigenen Torerfolg.

Zuletzt hatte Stuttgart die Berliner mit Mario Gomez in der Startelf im März 2009 empfangen - auch damals traf Gomez nicht, auch damals siegte der VfB.

Die Rahmendaten zu dem damaligen Spiel machen vor allem eines deutlich: Wie unglaublich schnelllebig das Fussballgeschäft heutzutage ist.

Torschützen beim 2:0 waren Cacau und Sami Khedira. Die Hertha war zu diesem Zeitpunkt Tabellenführer der Bundesliga - und der heutige Trainer Pal Dardai spielte von Anfang an für die Berliner.

Ebenfalls in den Startformationen: Deutsche Fussball-Granden wie Jens Lehmann und Thomas Hitzlsperger - und längst vergessene "Stars" wie Marc Stein oder Cicero. Coach des VfB war übrigens ein gewisser Markus Babbel.

Ausser Gomez spielt keiner dieser 22 Akteure mehr für sein damaliges Team. Und auch der inzwischen 32-Jährige hat ja nur über ausgiebige Umwege seine Rückkehr an den Neckar perfekt gemacht.

Man stelle sich nur mal vor, der neue alte Hoffnungsträger träfe in den kommenden Wochen auch noch selbst so sehenswert, wie es ihm Niklas Stark vorgemacht hat. Fussballromantiker und -nostalgiker würde es wohl gleichermassen freuen.

3. Lehre: Bayern zeigen alles ausser Baby-Modus

Es war DIE Nachricht der vergangenen Woche: Weltmeister und Bayern-Star Mats Hummels ist Vater geworden. Ehefrau Cathy brachte das erste gemeinsame Kind zur Welt.

Nur einen Tag vor dem Rückrundenstart in Leverkusen hagelte es geradezu Glückwünsche. Auch der FC Bayern selbst gratulierte umgehend und medienwirksam in den sozialen Netzwerken.

Nur einige Stunden später war von etwaigen Gefühlsregungen oder Nettigkeiten gegenüber Bayer 04 gar nichts mehr zu sehen.

Gerade in der ersten Halbzeit zeigte der Rekordmeister gegen die geradezu halsbrecherisch offensiv aufgestellte Werkself eine in allen Belangen souveräne und hochklassige Vorstellung.

Eurosport-Experte Matthias Sammer verglich die Partie mit einem Aufeinandertreffen von talentierten Jungspunden und erfahrenen Profis.

Es habe für ihn wie ein Spiel zwischen Kindern und Erwachsenen gewirkt, so Sammer in der Halbzeit. Also keine Spur mehr vom Baby-Modus bei den Bayern!

Dass es in der zweiten Hälfte nach Leverkusens Anschlusstreffer noch mal richtig eng wurde - geschenkt! Am Ende zählen die drei Punkte und somit der nächste Schritt auf dem wohl kaum noch von irgendwem zu verhindernden Weg Richtung Meistertitel.

Der neueste Gefährte auf diesem Weg ist ein alter Bekannter. Satte 3785 Tage nach seinem letzten Bundesligaspiel für den FCB kehrte Sandro Wagner wieder für die Roten auf den Platz zurück.

Das Zitat des Spieltags hatte der 30-Jährige auch gleich mal mit im Gepäck: "Ich bin jetzt wieder beim besten Verein in Deutschland, einem der besten Vereine in der Welt. Ich bin Nationalspieler, ich habe ein gutes Leben momentan."

In der Vergangenheit hatte Wagner in sehr gesunder Regelmässigkeit mit provokanten Aussagen polarisiert. In diesem Fall jedoch fällt es schwer, irgendein stichhaltiges Argument gegen seine Einschätzung zu finden.

4. Lehre: Eine Regel bleibt für immer bestehen

Einzelne Fussballer kosten mehr als 220 Millionen Euro. Ein Energy-Drink-Unternehmen kreiert Champions-League-Mannschaften. Italiener nehmen nicht mehr an Weltmeisterschaften teil - und Holländer erst recht nicht.

Die jüngste Vergangenheit scheint einige grundlegende Gesetzmässigkeiten des Fussballs völlig ausser Kraft gesetzt zu haben.

Da erscheint es fast ein wenig beruhigend, dass sich zumindest eine letzte Regel eisern bis in den Januar 2018 gehalten hat. Das Problem: Sie wird nach wie vor gnadenlos missachtet.

Das jüngste Beispiel war vergangenen Samstag in Leipzig zu bewundern. RB trat dort zum Topspiel gegen den FC Schalke 04 an - und zum Regelbrecher avancierte der Franzose Jean-Kevin Augustin.

In der 37. Minute wurde er beim Stande von 0:0 von Schalkes Benjamin Stambouli im Strafraum gefoult und holte so den Elfmeter für Leipzig raus - erstmal eine starke Aktion. Doch die schlechtestmögliche zeigte er nur Sekunden später.

Der Gefoulte schiesst nicht selbst, Jean-Kevin! Jeder kennt die Regel, keiner hält sich dran. Die Strafe folgte umgehend. Augustin verschoss - was eine Überraschung ...

RB konnte es am Ende freilich egal sein. Man schlug die Königsblauen dennoch hochverdient mit 3:1. Eigentlich auch klar, denn sonst wäre S04 in der Tabelle ja fast schon zu aussichtsreich platziert.

Denn Schalke wird am Ende natürlich wieder nicht Deutscher Meister. Vielleicht sind es also dann doch zumindest zwei Regeln, auf die man sich bis heute verlassen kann.

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