Sechs aktive Spielerinnen des FC Bayern München nahmen für Deutschland an der Europameisterschaft teil. Giulia Gwinn nimmt eine schwere Verletzung mit aus dem Turnier, aber auch viel Positives – genauso wie ihre Mitspielerinnen.

Bei der Nationalmannschaft der Männer ist es seit Jahren üblich, dass Spieler des FC Bayern München den grössten Block bilden. Bei den Frauen war dies lange Zeit anders. Bei der WM 2023 standen vier Spielerinnen des FC Bayern im Kader. Der VfL Wolfsburg hatte mit neun Spielerinnen mehr als doppelt so viele.

Dies hat sich nun geändert: Sechs Frauen aus dem Kader des FC Bayern München nahmen für die Deutsche Frauen-Nationalmannschaft an der Europameisterschaft teil. Kein anderer Verein war bei der DFB-Auswahl so stark vertreten wie der Deutsche Meister.

Allzu viel Zeit, um das Turnier zu verarbeiten, bleibt ihnen nicht. Bereits am 30. August findet der Supercup gegen den VfL Wolfsburg statt. Die Wolfsburger waren mit fünf deutschen Spielerinnen bei der EM vertreten. Eine Woche später findet am 6. September der Bundesliga-Auftakt zwischen Bayern München und Bayer Leverkusen statt.

Bayern-Trainer Barcala will in der Champions League erfolgreich sein

In der Saisonvorbereitung müssen sich die Bayern-Frauen mit José Barcala an einen neuen Cheftrainer gewöhnen. Dieser tritt seinen Dienst mit hohen Zielen an. "Ich möchte gemeinsam mit der Mannschaft die Führungsposition, die sie sich in der Frauen-Bundesliga erarbeitet hat, festigen und ausbauen", sagte er im Interview auf "fcbayern.com". Zudem sei es sein Ziel, "dass das Team dem Gewinn der Uefa Women’s Champions League näherkommt."

Grundsätzlich gilt im Fussball: Spielzeiten nach Welt- und Europameisterschaften sind besonders herausfordernd, weil die Spielerinnen nur eine kurze Sommerpause und Saisonvorbereitung hatten. Dies betrifft besonders die Mannschaften mit vielen Nationalspielerinnen.

Insgesamt nahmen zwölf Spielerinnen des FC Bayern an der Europameisterschaft teil. Die sechs Frauen aus dem DFB-Kader waren Giulia Gwinn, Franziska Kett, Klara Bühl, Linda Dallmann, Lea Schüller und Ena Mahmutovic. Sydney Lohmann stand vergangene Saison ebenfalls noch im Kader des FC Bayern, wechselte aber zu Manchester City.

Für Kapitänin Gwinn hat die EM besonders schwere Folgen, weil sie sich gleich zum Auftakt eine Innenbandverletzung am linken Knie zugezogen hatte. Die Rechtsverteidigerin muss nun "von Woche zu Woche schauen, wann ich wieder zurück sein kann." Torhüterin Ena Mahmutovic blieb bei der EM ohne Einsatz, was als Nummer 3 allerdings auch zu erwarten war.

Klara Bühl erweist sich als Anführerin

Und wie erging es den anderen Spielerinnen des FC Bayern? Flügelspielerin Bühl stand in allen fünf Spielen in der Startelf und wurde nur einmal ausgewechselt. Im Halbfinale gegen Spanien (0:1) zählte sie in der Offensive zu den Aktivposten, blieb im Abschluss allerdings glücklos. Insgesamt gab die 24-Jährige bei der EM 24 Torschüsse ab, 16 Torschüsse bereitete sie vor – nur das Tor fehlte.

Dennoch erwies sie sich als wichtig für die Mannschaft. Die frühere Nationalspielerin Katja Kraus sagte im Interview mit "ran": "Ich bin beeindruckt von Klara Bühl, die sich bei dieser Europameisterschaft auf dem Platz als Anführerin zeigt." Auch die ehemalige Nationalspielerin Julia Simic sagte gegenüber dem gleichen Medium: "Klara Bühl ist eine Unterschiedsspielerin. Sie ist vielleicht nicht die typische Anführerin, geht aber mit ihrer Leistung vorneweg."

Schüller: Zweimal getroffen – und dann nur noch Ersatz

Schüller hatte mehr Glück im Abschluss. In den ersten beiden Spielen gegen Polen und Dänemark erzielte die 27-jährige Stürmerin jeweils ein Tor, stand zudem in allen drei Vorrundenspielen in der Startelf. Umso grösser war die Überraschung, als sie vor dem Viertelfinale gegen Frankreich (6:5, n.E.) auf die Bank gesetzt wurde.

Bundestrainer Christian Wück gab überraschend Giovanna Hoffmann (RB Leipzig) den Vorzug, weil "ihre Körperlichkeit und Präsenz als Mittelstürmerin" gefordert war. Schüller wurde lediglich noch eingewechselt, gegen Spanien sogar erst drei Minuten vor Ende der Verlängerung. Die taktischen Gründe von Wück waren nachvollziehbar, sodass Schüller nicht geschwächt aus dem Turnier gehen dürfte.

Kett: von der Stürmerin zur Top-Linksverteidigerin

Kett ist eigentlich eine gelernte Stürmerin, wird aber mittlerweile als Linksverteidigerin eingesetzt. Nachdem sie in den drei Gruppenspielen nur auf der Bank gesessen war, stand sie aufgrund der taktischen Umstellungen im Viertelfinale gegen Frankreich in der Startelf. Kett war die grosse Entdeckung, weil sie die Weltklasse-Dribblerin Delphine Cascarino im Griff hatte.

Laut Wück war es "nicht hoch genug einzuschätzen, wie sie sich gegen eine absolute Topspielerin der Franzosen behauptet hat". Auch wenn Kett gegen Spanien gewisse Schwächen offenbarte, zählt sie mit ihren 20 Jahren zu den aufstrebenden Spielerinnen Deutschlands – und somit auch vom FC Bayern München.

Mittelfeldspielerin Dallmann stand in den zwei Vorrundenspielen gegen Polen und Dänemark in der Startelf. Gegen Frankreich wurde sie kurz vor Ende der Verlängerung eingewechselt, um im Elfmeterschiessen ihre Treffsicherheit nutzen zu können – mit Erfolg. Im Halbfinale gegen Spanien kam sie in der 64. Minute ins Spiel.

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Die EM zeigte, wie ein Team über sich hinauswachsen kann

Auch wenn das EM-Aus noch einige Tage schmerzen wird, nimmt die Mannschaft viel Positives mit. "Was vor allem hängenbleibt, ist eine unfassbare Einheit, die wir gebildet haben", sagte Gwinn. Als verletzte Spielerin konnte sie von aussen beobachten, "wie ein Team wachsen und über sich hinauswachsen kann."

Diese Erkenntnis gilt es, mit in die kommende Saison zu nehmen. Vielleicht ist mit dem FC Bayern dann auch eine Überraschung in der Champions League möglich.

Verwendete Quellen