Serge Gnabry gilt als einer der besten Fussballspieler Deutschlands, durchlief allerdings viele Formschwankungen. Im "aktuellen Sportstudio" des ZDF gab der Offensivspieler des FC Bayern Einblicke in sein Seelenleben.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Oliver Jensen sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfliessen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Serge Gnabry gibt eigentlich ungern Interviews. Während andere Bayern-Spieler wie Manuel Neuer, Joshua Kimmich oder Harry Kane den Journalisten geduldig Antworten geben, schlüpft Gnabry nach den Spielen meist an der Presse vorbei.

Möglicherweise bekamen viele Fussball-Fans dadurch gar nicht mit, welche Entwicklung er menschlich genommen hat. Sein Image litt nicht nur aufgrund von Formschwankungen. Im Januar 2023 wurde ihm fehlende Disziplin vorgeworfen, als er an einem freien Tag zur Pariser Fashion Week reiste.

Ob das Vergangenheit ist? Gnabry befindet sich in einer herausragenden Form. Drei Tore und drei Vorlagen gelangen ihm in den ersten sechs Bundesligaspielen dieser Saison. Auch seine Abneigung gegen Interviews überwand Gnabry offenbar. Nach dem 3:0 gegen Eintracht Frankfurt reiste er Samstagabend zum "aktuellen Sportstudio", um eine neue Seite von sich zu zeigen.

Müller sieht in Gnabry einen "erwachsen gewordenen Fussballer"

Ex-Bayern-Spieler Thomas Müller bat Sportstudio-Moderator Jochen Breyer im Vorfeld darum, Gnabry als einen "erwachsen gewordenen Fussballer" zu präsentieren. Ob Gnabry mit dieser Vorstellung einverstanden ist?

"Auf jeden Fall. Ich bin in diesem Jahr 30 geworden. Deswegen bin ich schon erwachsen geworden", sagte er und unterstrich, er würde heute "ein paar schlauere Entscheidungen treffen als in jungen Jahren."

Viele Titel, Tore – und Formschwankungen

Gnabry spielt seit Sommer 2018 für den FC Bayern, gewann sechs Mal die Deutsche Meisterschaft, zwei Mal den DFB-Pokal und einmal die Champions League. In 295 Pflichtspielen für Bayern gelangen ihm 96 Tore und 66 Vorlagen. Ein starker Wert! Und dennoch stellte sich wiederholt die Frage, warum seine Form oft schwankte.

"Ich denke, so eine Karriere verläuft immer in Wellen. Es gibt Hochs und Tiefs", erklärte Gnabry. Ihm sei bewusst, dass die Konstanz oft fehlte. "Wenn ich eine gute Phase hatte, war ich ab und zu verletzt. Das hat mich aus dem Rhythmus geworfen." Die Konkurrenz beim FC Bayern sei so gross, dass man dadurch schnell den Stammplatz verliert.

Gnabrys Selbstzweifel und Schicksalsschlag

Hinzu kamen Selbstzweifel: "Am Ende des Tages ist es vielleicht auch ein bisschen, dass ich selber manchmal nicht glaube, was ich alles draufhabe." Woher solche Gedanken kommen? Gnabry weiss es selber nicht. Sicher ist aber, dass Privatleben eine Rolle spielte.

Gnabry erlitt einen Schicksalsschlag, über den er nicht öffentlich sprechen wollte. Ob sich dies auf seine Leistungen niederschlug? "Ich würde sagen, mehr als ich eingestehen will", antwortete Gnabry. "Es war ein hartes letztes Jahr für mich. Ich denke, wenn der Kopf nicht 100-prozentig mitmacht, ist es schwierig zu performen."

Gnabry hat "einfach Riesenspass"

Diese schwierige Zeit liegt nun hinter ihm. Der Kopf ist wieder frei, die Leistung herausragend. "Es macht gerade einfach Riesenspass", so Gnabry. Dementsprechend viel Respekt schlägt ihm aus allen Richtungen entgegen.

Frankfurt-Trainer Dino Toppmöller kennt Gnabry gut, weil er von 2021 bis 2023 Co-Trainer des FC Bayern war. "Er ist ein überragender Fussballer, sehr spielschlau und technisch mit einer extremen Qualität", sagte er gegenüber dem ZDF. "Mit seinem Abschluss hat er alles im Repertoire, er kann gut köpfen, hat einen guten linken und rechten Fuss. Er ist ein guter Junge dazu. Was ihn in den letzten Jahren oft zurückgeworfen hat, waren die Verletzungen."

Julia Simic: Gnabry ist "ein Erfolgsfaktor des FC Bayern"

Die Sky-Expertin Julia Simic, die früher selbst beim FC Bayern spielte, sieht das genauso. "Leider hatte Serge Gnabry in den letzten zwei, drei Jahren sehr viele Verletzungen. Aber ich fand, dass er danach immer extrem gut zurückgekommen ist. Zwar nicht immer komplett konstant und ganzheitlich, aber sobald er fit war, hat er immer seine Leistung gebracht", sagte sie im Gespräch mit unserer Redaktion.

"Jetzt im Moment funktioniert er, weil er gesund ist, weil er fit ist und weil er spielen darf. Dass er ein richtig guter Fussballer ist, haben vielleicht viele vergessen. Ich glaube, er ist momentan einer der Erfolgsfaktoren für den FC Bayern. Gerade wenn man überlegt, das momentan einige Spieler fehlen. Er ist sehr wichtig und zeigt einfach seine Qualitäten, die er schon immer hatte und jetzt im Moment wieder zum Vorschein kommen."

Ein offener Mensch, der mehrere Sprachen spricht

Gnabry will der Mannschaft nicht nur fussballerisch helfen, sondern auch menschlich. "Ich versuche die Spieler, die neu kommen, immer ein bisschen aufzunehmen und ihnen im Verein und in der Kabine ein gutes Gefühl zu geben", erzählte er. "Ich bin ein offener Mensch, der jeden willkommen heisst. Ich spreche ein paar Sprachen. Das hilft auch, wenn neue Spieler kommen."

Hinzu kommt seine soziale Ader. Seit 2016 spendet er im Rahmen der Common-Goal-Initiative ein Prozent seines Gehalts, zudem gründete er vor eineinhalb Jahren die Serge Gnabry Stiftung. "Mir war der soziale Aspekt schon immer wichtig", sagte er. Ein Besuch in einer Kinderklinik nahm ihn emotional mit. "Das hat mich sehr motiviert, mich zu engagieren."

Gnabry lässt seine Zukunft offen

Offen ist, wie es für Gnabry nach dem Vertragsende beim FC Bayern im Sommer 2026 weitergeht. "Wir schauen, was kommen wird. Ich bin sehr, sehr entspannt", sagte er. "Ich habe schon oft betont, dass ich mich sehr, sehr wohl in München fühle – beim Verein, mit der Mannschaft, mit den Leuten."

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Allerdings fügte er hinzu: "Jetzt bin ich 30, die Karriere geht nicht mehr allzu lange, deswegen macht man sich schon Gedanken. Wird es vielleicht noch einmal etwas Anderes? Will man eine neue Challenge?"

Diese Frage wird er sich in den kommenden Monaten beantworten müssen.

Verwendete Quellen

  • ZDF: "Das aktuelle Sportstudio" vom 4. Oktober 2025
  • Interview mit Julia Simic