Die Beispiele Florian Wirtz und Nico Williams zeigen, dass der FC Bayern München für die besten Spieler der Welt nicht unbedingt erste Wahl ist. Das muss allerdings kein Nachteil sein.
Die Transfer-Bemühungen des FC Bayern München waren bislang von vielen Rückschlägen geprägt.
Der spanische Superstar
Nun baggern die Bayern an Luis Diaz vom FC Liverpool, doch auch den soll es eher in Richtung Barcelona ziehen, wenn er denn überhaupt Liverpool verlassen darf.
Ist der FC Bayern für die absoluten Weltklasse-Spieler nicht mehr interessant genug? Oder salopp gefragt: Sucht der Verein ein Regal zu weit oben nach Verstärkungen?
Top-Top-Spieler sind schwieriger nach München zu holen
Julia Simic kennt den Verein gut, war von 2005 bis 2013 selber für den FC Bayern aktiv und begleitet die Geschehnisse heute als Sky-Expertin.
"Es zeigt sich, dass es für den FC Bayern immer schwieriger wird, die absoluten Top-Top-Spieler nach München zu holen", sagt sie im Gespräch mit unserer Redaktion. "Früher hat man solche Spieler vielleicht etwas leichter bekommen. Es gibt andere Ligen und andere Vereine, die finanziell auf einem ähnlichen oder sogar höheren Niveau sind – vor allem die Premier League in England."
Dennoch sei München noch immer für viele Spieler attraktiv. "Ich glaube, Bayern wird nach wie vor auch international als riesiger Verein angesehen. Das ist eine Mannschaft, die immer um den Titel in der Champions League mitspielt", sagt Simic.
Dass die ganz grossen Namen des Weltfussballs vielfach nicht zum FC Bayern kommen, muss nicht zwingend ein Nachteil sein. "Ich glaube, man hat in den letzten Jahren gesehen, dass man nicht unbedingt immer die grossen Weltstars braucht", sagt Simic. "Wichtig ist, dass man ein gutes und stimmiges Teamgefüge zusammenbekommt."
Michael Olise als positives Beispiel
Simic bringt das Beispiel
Umso wichtiger sei es, auch zukünftig "auf dem Transfermarkt kreativ und schlau zu sein, vielleicht andere Wege zu gehen und auch dort zu scouten, wo nicht jeder hinschaut. Eine Chance kann auch darin bestehen, jüngeren Talenten eine Chance zu geben."
Wenn das funktioniert, müsse es kein Nachteil sein, wenn sich einige grosse Weltstars gegen München entscheiden: "Wir haben bei den grossen Turnieren und im Klub-Fussball gesehen, dass es nicht unbedingt immer die namhaftesten Teams sind, die alle Titel abräumen. Es sind die Mannschaften, die am besten zusammen funktionieren. Kaderstruktur, Kaderhygiene, Zusammenspiel und ein guter Trainer sind mindestens genauso wichtig wie das Verpflichten der teuersten und besten Spieler."
Wenn der FC Bayern mit dieser Herangehensweise erfolgreich ist, würde darüber hinaus "sicherlich auch noch der eine oder andere Top-Transfer gelingen."
In England und Spanien gibt es mehr Renommee und Geld
Doch warum kommen die grossen Weltstars nicht zum FC Bayern? Auch für frühere Weltfussballer wie Cristiano Ronaldo, Lionel Messi oder Ronaldinho dürfte ein Wechsel nach München nie ernsthaft ein Thema gewesen sein.
Die möglichen Gründe: International hat die Bundesliga nicht das gleiche Ansehen wie die englische Premier League oder die spanische La Liga. Hinzu kommen die Finanzen. Der FC Bayern zahlt zwar sehr hohe Gehälter - die "Sport Bild" schätzt, dass
Solche Geldbeträge sind in München nicht zu verdienen. Im Gegenteil: Der FC Bayern möchte die Gehaltskosten zukünftig eher zurückfahren.
Müller: "Es ist dem FC Bayern nie gelungen, Weltstars nach München zu locken"
Dass die absoluten Top-Stars des Weltfussballs vielfach nicht nach München kommen, ist kein neues Phänomen.
Zwar gab es immer wieder Top-Stars, die aus dem Ausland nach München gewechselt sind. Das hatte allerdings meist Gründe: "Jean-Pierre Papin war damals nicht mehr am Zenit, und Arjen Robben kam über Umwege. Wenn, wurden Stars immer hier in der Liga gemacht, was ja auch wichtig und richtig ist", sagte Müller.
Immerhin: Die Spieler, die beim FC Bayern zu Weltstars werden, bleiben dem Verein oft lange erhalten. Die Vertragsverlängerungen mit Jamal Musiala, Joshua Kimmich oder Alphonso Davies sind gute Beispiele dafür. Auch Robben und Franck Ribéry blieben lange in München, obwohl sie zu sämtlichen Top-Vereinen der Welt hätten wechseln können.
Eine vielversprechende Strategie des FC Bayern sollte es also weiterhin sein, selber Weltstars zu formen und dann langfristig an den Verein zu binden.
Über die Gesprächspartnerin
- Julia Simic (Jahrgang 1989) spielte in ihrer aktiven Zeit unter anderem für den FC Bayern München, den VfL Wolfsburg, West Ham United und den AC Mailand, absolvierte ausserdem zwei Länderspiele für die deutsche Nationalmannschaft. Im Mai 2021 beendete sie ihre Karriere. Heute arbeitet sie als TV-Expertin bei "Sky". Zudem ist Simic Trainerin der U-20 Frauen von Eintracht Frankfurt.