Das 1:4 gegen Japan war für die deutsche Nationalmannschaft ein Debakel. Bundestrainer Hansi Flick ist dennoch davon überzeugt, der richtige Bundestrainer zu sein. Rudi Völler vermeidet allerdings ein Bekenntnis.

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Die DFB-Elf wollte das Länderspiel gegen Japan nutzen, um neun Monate vor der Europameisterschaft im eigenen Land eine Euphorie zu wecken. Mission gescheitert! Das 1:4 hat die Krise verschärft und führte in der Wolfsburger Arena zu einem schrillenden Pfeifkonzert.

"Das 4:1 war in der Höhe verdient", gab Bundestrainer Hansi Flick auf Nachfrage unserer Redaktion zu und suchte nach einer Erklärung: "Ich glaube nicht, dass die letzten Ergebnisse der Mannschaft viel Vertrauen gegeben haben. Ich kann nur sagen, dass die Mannschaft will. Es ist aktuell aber leider ein sehr schwerer Weg."

Der frühe Gegentreffer zum 0:1, der die schmerzliche Niederlage einleitete, kam nicht unerwartet. Die Hintermannschaft wirkte von Spielbeginn an unsortiert. Selbst einfache Zuspiele im Spielaufbau misslangen. Der Dortmunder Nico Schlotterbeck erwischte einen rabenschwarzen Tag. Auch der zum Rechtsverteidiger umfunktionierte Joshua Kimmich war in der Defensive kein Faktor. Kurzum: Die Unsicherheit war der DFB-Auswahl anzusehen.

DFB-Team verliert gegen Japan: Leroy Sané war der einzige Lichtblick

Umso grösser war die Erleichterung, als Leroy Sané acht Minuten später den einzigen wirklich gelungenen Angriff des Spiels mit dem 1:1 abschloss. Flick drehte sich zur Bank um und klatschte begeistert. "Leroy Sané hatte einige sehr gute Aktionen, aber das waren dann eben auch Einzelaktionen", stellte Flick fest.

Allzu lange währte die Freude nicht. Der Gegentreffer zum 1:2, als die komplette Abwehr erneut kein gutes Bild abgab, ereignete sich nur drei Minuten danach. "Es ist nicht so, dass wir nicht wollen, aber wir kriegen unsere Qualität nicht auf den Platz", sagte Kimmich. "Wir haben wenig Selbstvertrauen. Wir haben viele Unsicherheiten und Fehler in unserem Spiel, deswegen haben wir dann Probleme gegen Mannschaften wie Japan, die sicher verteidigen."

Hansi Flick stellt Qualität infrage

Das Hauptproblem: Die gesamte deutsche Mannschaft wirkt nicht eingespielt. Es gibt kaum Automatismen, mit denen sich eine Abwehr ausspielen lässt. Gefühlt weiss der eine Spieler nicht, was der andere macht. Als letzter Lösungsversuch verbleiben oft Einzelaktionen, die allerdings meist beim Gegenspieler hängenbleiben.

Flick deutete an, dass die deutsche Mannschaft in der Breite einfach nicht stark genug ist: "Wir brauchen mehr Dribbler, wir brauchen mehr Spieler wie Leroy Sané, Florian Wirtz oder Jamal Musiala. Das ist enorm wichtig. Wir müssen schauen, dass wir daran arbeiten. Aber das ist mehr ein Ausblick in die Zukunft und hat nichts mit der Aktualität zu tun."

Die Fans standen hinter der Mannschaft, verloren dann aber die Geduld

Mangelnde Unterstützung, die Kai Havertz jüngst monierte, können die Spieler den Zuschauern diesmal nicht vorwerfen. Speziell im Verlauf der ersten Hälfte versuchten die Fans mehrfach, Impulse zu setzen. "Steht auf, wenn ihr Deutsche seid", sangen sie – und wurden wenige Augenblicke später vom nächsten Ballverlust entmutigt.

Als der Halbzeitpfiff ertönte, gab es das erste echte Pfeifkonzert von den Zuschauerrängen. Die Geduld der Zuschauer wurde in der zweiten Hälfte weiter strapaziert, weil die Mannschaft keine spielerischen Lösungen fand, stattdessen einen Rückpass nach dem anderen spielte. Dies führte zu weiteren Unmutsbekundungen von den Rängen und verunsicherte die DFB-Elf noch mehr – ein Teufelskreis.

"Wir sind davon überzeugt, was wir machen."

Bundestrainer Hans-Dieter Flick

Zwei Fehler von Robin Gosens führten in der Schlussphase zum Endergebnis von 1:4. Die Niederlage hätte sogar noch höher ausfallen können, hätte Torwart Marc-André ter Stegen vorher nicht zweimal stark pariert.

Trotz des Debakels ist Flick sicher, noch immer der richtige Bundestrainer zu sein. "Das ist vielleicht schwer für Euch (die anwesenden Journalisten, Anm.d.Red.) nachzuvollziehen, aber wir bereiten die Mannschaft gut auf den Gegner vor – auf die Dinge, die wir umsetzen wollen. Und das werden wir auch weiterhin tun. Wir sind davon überzeugt, was wir machen."

Das Duell gegen Frankreich könnte für Flick das Endspiel sein

Dienstag steht das Länderspiel gegen das Star-Ensemble von Frankreich an. "Ich glaube, jeder möchte gegen Frankreich ein anderes Spiel zeigen. Und das gibt mir Hoffnung", sagte Flick. "Wir sind alle Fussballer und können solche Niederlagen wegstecken. Und so geht es jetzt weiter. Wir bereiten uns jetzt auf das Spiel am Dienstag vor."

Ob Flick dann überhaupt noch der Bundestrainer sein wird? "Wir tun gut daran, erst einmal eine Nacht drüber zu schlafen und zur Ruhe zu kommen", sagte DFB-Direktor Rudi Völler am späten Samstagabend. "Aber natürlich müssen wir dann morgen auch einmal darüber reden, warum das so passiert ist."

Eine weitere Niederlage kann sich Flick vermutlich nicht erlauben.

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