Das Frauen-Team des FC Barcelona ist ein Aushängeschild des Klubs. Nicht nur, weil dort Spitzenspielerinnen wie die Weltfussballerin Aitana Bonmatí oder Alexia Putellas spielen, sondern auch, weil das Team seit Jahren auf internationaler Ebene erfolgreich ist und beispielsweise im Champions-League-Finale stand. Doch weil der Verein vor allem in seiner Männerabteilung schlecht wirtschaftet und Schulden anhäuft, leiden nun die Frauen darunter.
Es gibt in Spanien die Regel, dass bei den Finanzen eines Vereins, der in der ersten Liga der Männer spielt, auch die Frauen- und Jugendmannschaften miteinbezogen werden. Und diese Regel trifft aktuell die Frauen des FC Barcelona mit voller Wucht.
Dass der FC Barcelona in Bezug auf sein Männerteam in etwa so solide wirtschaftet wie
Fussball-Expertin Lehmann: "Nun ist auch das Frauen-Team von der Trickserei betroffen"
Dabei steht das Team der Männer von
Oder wie es TV-Expertin Kathrin Lehmann gegenüber unserer Redaktion formuliert: "Die Situation in Barcelona ist gefühlt seit Jahren die gleiche: Man mauschelt, damit man die Auflagen erfüllt. Nun ist auch das Frauen-Team im Fokus und von der Trickserei betroffen."
Dass die Frauen nun plötzlich so im Fokus stehen, zeigt auch, dass es durchaus ein Problem sein kann, wenn Frauen-Teams an Männerteams angedockt sind, wie Lehmann erklärt: "Nun werden die Diskussionen wieder losgehen, ob es nicht doch sinnvoll ist, dass Frauen-Teams - ähnlich wie in den USA - völlig eigenständig sein sollen." Dass Deutschland und England den umgekehrten Weg gehen und die Männer-Vereine aktuell mehr in ihre Frauen-Teams investieren, hält Lehmann - unabhängig von der Situation beim FC Barcelona - dennoch für den richtigen Weg: "Gemeinsam wachsen, um dann in ein paar Jahren zu analysieren, was das Beste ist."
Rund eine Million Euro fehlt dem Team für ausgeglichene Finanzen, weshalb verstärkt Gehaltsmasse reduziert wird. Im Klartext: Spielerinnen, deren Verträge auslaufen, werden nicht verlängert, und Spielerinnen, die gehen wollen, dürfen gehen. Allerdings werden kaum neue Spielerinnen verpflichtet. Die "Daily Mail" schreibt von bislang 14 Abgängen.
Mit Mini-Kader in die Vierfachbelastung
So ist der Kader aktuell auf 18 Spielerinnen zusammengeschrumpft und er könnte noch kleiner werden. Denn auch Verteidigerin Jana Fernandez wird Barcelona aller Wahrscheinlichkeit nach verlassen. Sie schliesst sich laut "La Periodico" den frisch aufgestiegenen London City Lionesses an. Sollte Barca nicht noch tätig werden, könnte man also mit einem 17 Spielerinnen starken Stamm-Kader in die nächste Saison gehen, in der erneut eine Vierfachbelastung aus Meisterschaft, Pokal, Copa Catalunya Feminina und Champions League wartet.
Nach dem verlorenen Champions-League-Finale (gegen Arsenal) und dem verlorenen EM-Finale (gegen England) giert aber vor allem Weltfussballerin Aitana Bonmati nach internationalen Titeln, wie sie nach dem EM-Finale unmissverständlich klargemacht hatt. Es ist jedoch sehr fraglich, ob sie dieses Ziel mit einem so dezimierten Team erreichen kann.
Laut Kathrin Lehmann brauche man "einen Kader von 25 Spielerinnen, um in allen Wettbewerben erfolgreich bestehen zu können, aufgrund von Verletzungen, Sperren oder der Belastungssteuerung". Auf Barca könnten über 40 Spiele zukommen, Lehmann erwartet deshalb, dass aus dem offiziellen Kader des 2. Teams noch Spielerinnen wie das Schweizer Talent Sidney Schertenleid in den A-Kader hochgezogen werden.
Allerdings leidet auch die Nachwuchsarbeit der Frauen beim FC Barcelona unter den finanziellen Einbussen. Das B-Team hat laut "La Periodico" gerade einmal noch zehn Spielerinnen unter Vertrag und ist gezwungen, auf Nachwuchskräfte auszuweichen. Auf der offiziellen Barca-Webseite ist der B-Kader noch nicht offiziell ausgewiesen (Stand 14. August 2025), wahrscheinlich auch, weil noch nicht klar ist, welche Spielerinnen womöglich in den A-Kader gezogen werden.
Muss der FC Barcelona seine Spielweise verändern?
Dennoch ist sich Lehmann sicher, dass der FC Barcelona national wieder Titel holen wird: "Barcelona wird in der Liga und auch im Pokal bestens abschneiden. Die Frage ist, wie werden sie in der Champions League performen. Es wartet also eine clevere Saisonplanung auf Trainer Pere Romeu." Die Expertin erwartet, dass Barcelona womöglich auch seinen Spielstil anpassen muss: "Vielleicht werden sie in der Liga nicht mehr ganz so dominant auftreten, damit sie Energie für die Champions League haben. Wahrscheinlich werden wir auch einen sparsameren Energie-Fussball sehen, der nicht mehr vom Kurzpassspiel geprägt ist."
Interessant wird es bei Barca noch einmal zum Ende der Saison. Dann laufen die Verträge von Leistungsträgerinnen wie
Die aktuelle Lage wirkt besonders bitter, weil es der FC Barcelona war, der durch unermüdliche Investitionen in den Nachwuchs und die Strukturen dem Fussball der Frauen in Spanien erst sein heutiges Standing verschafft hat. Ohne den FC Barcelona hätte es auch das spanische Nationalteam nie zum Weltmeistertitel gebracht. Erst durch die Investitionen und den Beweis, dass auch die Frauen das Camp Nou vollmachen können, liess sich der spanische Verband von vermehrter Unterstützung des Frauen-Nationalteams überzeugen.
Inzwischen hat natürlich nicht mehr nur der FC Barcelona professionelle Strukturen im Fussball der Frauen, dennoch stellt sich die Frage, was es für den Frauenfussball, wenn der Vorzeigeverein plötzlich womöglich nicht mehr international mithalten kann.
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Lehmann blickt dennoch optimistisch in die Zukunft: "Barcelona ist eine sehr attraktive Adresse für junge Talente, die nicht ganz so viel kosten wie arrivierte Spielerinnen." Gut möglich, dass sich der Verein künftig gezwungenermassen noch mehr um solche Talente bemühen wird.
Über die Gesprächspartnerin
- Kathrin Lehmann ist eine ehemalige Fussball-Torhüterin, die unter anderem für den FC Bayern und Turbine Potsdam in der deutschen Bundesliga aufgelaufen ist. Inzwischen spielt sie Eishockey beim ESC Planegg in der Fraueneishockey-Bundesliga. Dem Fussball ist sie als TV-Expertin im ZDF, unter anderem bei EM der Frauen in der Schweiz, treu geblieben.
Verwendete Quellen
- schriftliche Anfrage an Kathrin Lehmann
- "El Periodico": Preocupación por el Barça femenino: cuadrar las cuentas y retener el talento, una operación cada vez más complicada
- "El Periodico": Jana Fernández negocia su inminente salida del Barça para fichar por el London City Lionesses
- "Daily Mail": Why Barcelona women's team is being GUTTED to help balance the books for the men's side - with a 14th player 'set to depart' this transfer window