• Der FC Bayern München möchte am Samstag gegen den FC Augsburg die Sieglosserie in der Bundesliga beenden (15:30 Uhr, Live bei Sky).
  • Sky-Experte Didi Hamann spricht im Exklusiv-Interview über die Situation des Rekordmeisters.
  • Der frühere Mittelfeldspieler kritisiert die Leistungen von Sadio Mane, lobt dafür Jamal Musiala, Leroy Sane und Lucas Hernandez.
Ein Interview

Herr Hamann, der FC Bayern München hat in der Champions League die Spiele gegen Inter Mailand und Barcelona jeweils mit 2:0 gewonnen, ist dafür aber in der Bundesliga seit drei Spielen sieglos. Warum tut sich der FC Bayern gegen vermeintlich schwächere Gegner so schwer?

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Hamann: Vielleicht denken sie, dass es in der Bundesliga einfacher geht als in der Champions League. Gegen Inter Mailand hat Bayern ein hervorragendes Spiel gemacht, gegen Barcelona haben sie nach einer schwierigen 1. Halbzeit ebenfalls gewonnen. Ein Aspekt sind die Rotationen. Julian Nagelsmann hat bei den Spielen gegen Union Berlin und den VfB Stuttgart die Aufstellung stark verändert. Aber es ist nicht damit getan, fünf Spieler rauszunehmen und fünf andere reinzunehmen. Der Trainer muss so rotieren, dass es keinen Leistungsabfall gibt. Und er muss den Kader bei Laune halten. Das ist keine einfache Aufgabe. Selbst in Zeiten von Ottmar Hitzfeld und Jupp Heynckes hatte der FC Bayern keinen Kader in dieser Breite und Dichte an Qualität.

Muss Julian Nagelsmann den Umgang damit als junger Trainer erst noch lernen?

Absolut. Bei der TSG Hoffenheim und bei RB Leipzig hatte er dieses Problem gar nicht erst. Der Respekt und die Akzeptanz vonseiten der Spieler sind wichtig. Wenn ein Hitzfeld oder Heynckes zu einem Spieler sagte, er würde nicht spielen, wurde das vermutlich eher akzeptiert. Ich weiss nicht, ob das jetzt bei Nagelsmann vielleicht anders ist. Grundsätzlich ist der Kader hervorragend. Vielleicht haben sie sogar ein oder zwei Top-Spieler zu viel. Ein Kader mit zu vielen guten Spielern birgt eine Gefahr.

Am Samstag steht das Auswärtsspiel beim FC Augsburg an. Vergangene Saison hat der FC Bayern dort mit 1:2 verloren. Könnte das für den FC Bayern gegen defensiv eingestellte Augsburger erneut eine Zitterpartie werden?

Niemand spielt gerne gegen giftige Mannschaften wie Augsburg oder Union, weil man als angreifende Mannschaft wenig Raum und Zeit am Ball hat. Der FC Augsburg hat den FC Bayern bereits öfter geschlagen. Ich denke, dass dieses Spiel für den FC Bayern nicht einfacher wird.

Der Neuzugang Sadio Mane tat sich zuletzt schwer und hat in den letzten drei Bundesligaspielen sowie in den beiden Champions-League-Partien nicht getroffen. Ist er beim FC Bayern noch nicht richtig angekommen?

Er ist nicht integriert. Ich habe ihn beim FC Liverpool gesehen, wo er durch die Mitte gespielt hat. Das ist nicht seine Position. Jetzt nimmt er diese Position auch beim FC Bayern ein. Er ist am besten, wenn er von aussen kommt. Er macht auf mich keinen glücklichen Eindruck. Andere Spieler wie Leroy Sane, Jamal Musiala oder in der Verteidigung der momentan verletzte Lucas Hernandez bringen herausragende Leistungen. Von Mane spricht momentan niemand. Er wirkt isoliert und nimmt kaum am Spiel teil. Dass muss der FC Bayern in den Griff bekommen.

In der Offensive herrscht ein enger Konkurrenzkampf, weil neben Mane auch noch Thomas Müller, Leroy Sane, Serge Gnabry und der momentan verletzte Kingsley Coman um die Plätze in der Startelf kämpfen. Wen würden Sie vorne aufstellen?

Meiner Meinung nach gibt es zwei Spieler, die unbedingt spielen müssen – und zwar Sane und Musiala. Das sind momentan die zwei besten Spieler. Ich finde, dass man auch Mane einmal auf die Bank setzen müsste, wenn er weiterhin so wenig Anteile am Spiel der Bayern hat. Man könnte Mane natürlich auf die Seite stellen. Dort wäre er besser aufgehoben. Allerdings hat man dort mit Musiala, Sane und Coman bereits drei klasse Spieler. Mane in der Mitte ist aber auch nicht die Lösung. Das hätte man auch wissen können, wenn man sich seine Spiele bei Liverpool angeschaut hat.

Der Innenverteidiger Lucas Hernandez wird aufgrund einer Muskelverletzung für mehrere Wochen ausfallen. Daher werden Neuzugang Matthijs de Ligt und Dayot Upamecano, die zusammengerechnet rund 110 Millionen Euro an Ablöse gekostet haben, die Innenverteidigung bilden. Verkörpern die beiden Top-Niveau?

Ich finde, dass Hernandez stärker ist als de Ligt und Upamecano. Upamecano unterlief gegen Gladbach der entscheidende Fehler vor dem Gegentor. Auch gegen Union Berlin hatte er einen Ballverlust, der zum Gegentor hätte führen können. Ansonsten aber hat er ordentlich gespielt. Er muss eben diese Fehler abstellen. Auch Matthijs de Ligt hat ordentlich gespielt, wenn er auf dem Platz stand. Wir müssen abwarten, wie er das hinbekommt, wenn er alle drei Tage spielt.

Borussia Dortmund bestreitet am Samstag zeitgleich mit dem FC Bayern München das Revierderby gegen den FC Schalke 04 (15:30 Uhr, live bei Sky in UHD HDR und bei uns im Ticker). Trauen Sie Dortmund, die punktgleich mit dem FC Bayern sind, in dieser Saison zu, bis zum Ende um die Meisterschaft zu kämpfen?

Die Hoffnung habe ich. Mir hat allerdings nicht gefallen, dass sie am Mittwochabend nach dem 1:2 gegen Manchester City überhaupt nicht selbstkritisch waren. Sie hätten das Spiel nach ihrer Führung nicht verlieren dürfen. Das ist ihnen nach dem Spiel gegen Werder Bremen nun bereits zum zweiten Mal passiert. Wenn Dortmund anfängt, selbstkritischer zu sein und sich selbst zu hinterfragen, habe ich Hoffnung, dass sie den Bayern Paroli bieten können. Normalerweise würde ich sagen: Wenn Bayern drei Mal unentschieden spielt, sollte eine andere Top-Mannschaft punktemässig vor ihnen liegen. Das ist leider nicht der Fall. Mehr Punkte haben lediglich Freiburg und Union Berlin. Und auch wenn deren Arbeit bemerkenswert ist, werden sie es nicht schaffen, den FC Bayern über 34 Spieltage zu schlagen. Trotzdem bin ich guter Hoffnung auf einen spannenden Meisterschaftskampf.

Was stimmt Sie zuversichtlich?

Ich glaube, dass der FC Bayern noch einige Thematiken zu lösen haben wird. Der grosse Kader, Mane – es gibt einige Krisenherde, die schnell eskalieren können. Zudem habe ich Hoffnung, dass RB Leipzig unter Marco Rose ins Rollen kommt und ebenfalls noch einmal vorne mitmischen kann. Auch wenn sie bereits einige Punkte Rückstand haben.

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Über den Experten:
Dietmar "Didi Hamann" (Jahrgang 1973) spielte von 1993 bis 1998 für den FC Bayern München, wechselte daraufhin nach England und war für Newcastle United, den FC Liverpool, Manchester City und Milton Keynes Dons aktiv, ehe er im Jahre 2011 seine Laufbahn beendete. Heute ist er als Experte bei Sky tätig
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