Jonas Urbig hat mit guten Leistungen beim FC Bayern München angedeutet, dass er das Potenzial zum Nachfolger von Manuel Neuer hat. Oder droht ihm ein ähnliches Schicksal wie Michael Rensing, der einst als Nachfolger von Oliver Kahn scheiterte? Friedhelm Funkel wagt eine Einschätzung.
Das Comeback von
Zwölf Pflichtspiele hat der 21-Jährige bislang als Neuer-Vertreter absolviert. Seine Bilanz: Urbig blieb in vier Spielen ohne Gegentreffer und kassierte in den restlichen Partien 16 Gegentore. In der Bundesliga parierte er 59 Prozent aller Bälle. Dies ist nur knapp weniger als Neuer, der in der laufenden Spielzeit 61 Prozent der Bälle abwehrte.
Unsicherheit gegen RB Leipzig ist im Spielsystem begründet
Am vergangenen Samstag hatte Urbig beim Gegentreffer zum 0:1 gegen RB Leipzig einen unglücklichen Moment, als er bei einem Konter der Leipziger den Angriff klären wollte und ausrutsche. "Zu Beginn dachte ich, ich komme dran. Die Kette steht hoch, dann muss ich auch hochstehen", erklärte Urbig später bei Sky. Als er sich umentschied und zurück ins Tor eilen wollte, rutschte er aus, sodass Benjamin Sesko den Ball ins Tor lupfen konnte. "Das ist leider das Los des Torhüters, dass Fehler direkt bestraft werden. Aber es gilt dann, weiterzumachen, das Ding abzuhaken und im Spiel zu bleiben", so Urbig.
Ohnehin lässt sich nicht von einem klassischen Torwartfehler sprechen. Das Risiko solcher Gegentore resultiert aus dem Spielsystem von Trainer
Sportvorstand
Leistungen von Urbig nötigen Funkel viel Respekt ab
"Es ist schon überraschend, wie schnell er es geschafft hat, in München wirklich gute Leistungen zu bringen", sagte Funkel im Gespräch mit unserer Redaktion. "Er hat dort noch keine entscheidenden Fehler gemacht. Vielleicht könnte man ihm das Gegentor zum 1:1 gegen Union Berlin ankreiden, wo er den Ball wegschlagen wollte und dem Benedict Hollerbach auf den Fuss legt. Aber so etwas passiert jungen Torhütern nun einmal."
Insgesamt sei es beeindruckend, wie gut Urbig die Herausforderung beim FC Bayern gemeistert hat: "Er hat beim 1. FC Köln in der 2. Liga die letzten Wochen nicht mehr gespielt, wechselte dann im Winter zum FC Bayern und ist gerade auch in den Champions-League-Spielen richtig stark aufgetreten. Das nötigt mir ganz, ganz viel Respekt ab", erklärt Funkel.
In Köln verlor Urbig seinen Stammplatz
Stellt sich die Frage, warum Urbig beim 1. FC Köln nach zehn Spieltagen seinen Stammplatz verlor, wenn er so viel Talent hat. Diese Entscheidung traf damals Gerhard Struber, dessen Nachfolge Funkel nun angetreten hat. Funkel kann die damaligen Gedankengänge seines Vorgängers nachvollziehen.
"Das war damals die richtige Entscheidung. Das hatte nichts mit dem Können von Urbig zu tun, sondern war der Situation geschuldet. Die Kölner hatten in den ersten Wochen mit ihm, auch aufgrund der Spielweise, viele Gegentore kassiert. Daran war Urbig meistens nicht schuld", erklärte Funkel.
"Köln stand mit dem Rücken zur Wand, sie hatten 1:5 gegen Darmstadt verloren, dann 1:2 gegen Paderborn. Daraufhin hat der Trainer zwei wegweisende Entscheidungen getroffen. Er stellte die Abwehr von einer Vierer- auf eine Dreierkette um und er stellte mit Marvin Schwäbe einen erfahreneren Mann ins Tor. Dadurch kassierten sie weniger Gegentore. Daher war das damals die richtige Entscheidung. Auch wenn dies auf Kosten dieses jungen Talents Urbig ging."
Neuer ist für Urbig ein toller Lehrmeister
Geschadet hat dies Urbig offenbar nicht. Funkel traut ihm zu, die Nachfolge von Neuer eines Tages antreten zu können: "Im Moment sieht es danach aus. Man muss natürlich abwarten, wie er das dauerhaft macht. Aber das war bei Neuer damals genauso. Er kam als junger Torwart von Schalke 04 nach München und hat sich erst über die Jahre zu diesem Weltklasse-Torwart entwickelt, der er noch immer ist."
Zwar könne niemand voraussagen, ob Urbig einen ähnlichen Werdegang einschlagen könne. "Aber die Fähigkeiten und das Talent hat er. Und mit Manuel Neuer hat er einen tollen Lehrmeister. Manuel hat ja auch gesagt, dass er ihm in der kommenden Saison einige Spiele geben wird. Das ist eine gute Einstellung. Manuel kann keine 50 Spiele mehr in der Saison machen. Er wirkt ein bisschen verletzungsanfälliger in den letzten eineinhalb bis zwei Jahren. Es ist gut, wenn man seinem Nachfolger dann Spielpraxis gibt. Und der FC Bayern kann entscheiden, ob Urbig wirklich der Mann ist, der in die Fussstapfen von Neuer tritt."
Michael Rensing als warnendes Beispiel
Allerdings ist es nicht leicht, beim FC Bayern die Nachfolge einer Torwart-Ikone anzutreten. Diese Erfahrung musste einst Michael Rensing machen, der in München jahrelang der Ersatzmann von
Im Verlauf der Saison wurde er vom damaligen Trainer Jürgen Klinsmann zur Nummer 2 degradiert, in der Spielzeit darauf von Louis van Gaal. Im Jahre 2010 war Rensing sogar ein halbes Jahr vereinslos und hielt sich beim Bezirksoberligisten VfR Garching fit, ehe er wieder im Profifussball unterkam.
Funkel kennt Rensing gut, trainierte ihn bei Fortuna Düsseldorf. Er glaubt allerdings nicht, dass Urbig das gleiche Schicksal droht. "Die Zeit ist heute eine andere. Man hat bei Urbig nach dem Fehler gegen Union Berlin oder der einen oder anderen Unsicherheit gesehen, dass man ihm die Zeit gibt", so Funkel.
"Rensing hat man diese Zeit damals nicht gegeben. Ihm wurde jeder Fehler angekreidet. Dadurch ist er vielleicht auch ein bisschen verunsichert worden. Das ist bei Urbig heute anders. Die Medien gehen sorgfältiger mit ihm um, die Bayern sowieso. Deshalb glaube ich, dass er eine grössere Chance hat als Rensing damals, tatsächlich der Nachfolger zu werden."
Verwendete Quellen:
- Interview mit Friedhelm Funkel, 29.04.2025
- Sky: RB Leipzig – Bayern München, 3.5.2025