Der FC Bayern lässt die Liga hoffen, die Konkurrenz tut sich dennoch schwer und eine grosse Debatte steht schon jetzt in den Startlöchern. Das Wichtigste zum 3. Spieltag der Bundesliga.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Justin Kraft sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfliessen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Da müsste man eigentlich einmal durchatmen und schon steht der nächste Spieltag direkt vor der Tür. Dieser abgelaufene 3. Spieltag hat auf jeden Fall das Potenzial auch in einigen Monaten noch eine Rolle zu spielen.

Für den Moment aber gibt es viel Gesprächsbedarf – und das nicht nur beim FC Bayern München, der erstmals seit vielen Monaten wieder gegen einen Abstiegskandidaten gepatzt hat. Auch die Konkurrenz tut sich schwer. Spannung oder mangelnde Qualität oder gar beides? Hier kommt das Wichtigste zum vergangenen Wochenende.

Die Sensation: Bayern-Patzer gegen Jena

Punktverluste in der Bundesliga sind für den FC Bayern München die grosse Ausnahme geworden. Mal gelingt es den Spitzenklubs wie dem VfL Wolfsburg oder Eintracht Frankfurt, mal auch Klubs aus dem breiten Mittelfeld wie Leverkusen oder dem SC Freiburg, den FCB zu ärgern.

Aufsteiger oder Teams, die gegen den Abstieg spielen, haben in der Regel aber keine Chance. In diesem Jahrzehnt gab es bis zu diesem Wochenende nur zwei Abstiegskandidaten, die jeweils einen Punkt gegen die Münchnerinnen mitnahmen: Der MSV Duisburg beim 2:2 am 1. März 2020 und der 1. FC Nürnberg am 17. Dezember 2023 – beide spielten daheim.

Carl Zeiss Jena erkämpfte sich am Samstag aber auswärts ein 0:0 – etwas glücklich und doch hochverdient. Denn auch wenn die Bayern insgesamt 29 Abschlüsse hatten und die Gäste nur drei, so war nur eine einzige Grosschance dabei herausgekommen. "Wir müssen natürlich viel zwingender mit unseren Chancen umgehen", erläuterte Bayern-Trainer José Barcala auf der Pressekonferenz am Montag: "Wenn du viele Flanken aus der Ferne schlagen musst, ist das, weil du Probleme hast, die Zwischenräume zu finden, die Räume zwischen den Sechserinnen und den Innenverteidigerinnen."

Kritik am eigenen Team, aber indirekt ebenfalls ein grosses Lob für Jena, die mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln das Maximum aus der Offensivschwäche der Bayern herausgeholt haben. Es gab einige Momente, in denen der amtierende Meister das Spiel dennoch hätte auf seine Seite ziehen müssen. Aber das tat er nicht.

Jena
Die Spielerinnen von Jena durften sich für ihren Punktgewinn feiern. © /IMAGO/Michaela Merk

Ob diese Leistung nun Grund zur Sorge ist, wird sich erst in den kommenden Partien zeigen. In den letzten Jahren hat der FC Bayern eben auch viele Spiele gewonnen, in denen er nicht ganz auf der Höhe war. Allzu oft sollten sie sich diese Patzer aber nicht erlauben.

Die holprige Jagd: Bayerns Konkurrenten tun sich schwer

Noch am Tag des grossen Patzers der Bayern verpasste die TSG Hoffenheim die Chance, in der Tabelle auf zwei Punkte davonzuziehen. Beim SV Werder Bremen liess das Team von Theodoros Dedes zu viele Chancen liegen und verlor schliesslich sogar mit 1:2.

Auch bei Hoffenheim ist fraglich, wie viel Grundsatzkritik man nach dem Ausrutscher äussern darf und kann. Zwar war die TSG in diesem Spiel defensiv deutlich anfälliger als in den vorherigen Partien, aber offensiv fehlten teilweise nur wenige Zentimeter, um der Partie den eigenen Stempel aufdrücken zu können. Nach wie vor wirkt das Team dynamischer und spielstärker als in den Vorjahren.

Hoffenheim
Die TSG Hoffenheim patzte bei Werder Bremen. © /IMAGO/Eibner-Pressefoto/Memmler

Unterschätzen sollte man zudem nicht, dass Bremen so etwas wie das Team der Stunde in der Bundesliga ist. Mit nun sieben Zählern stehen sie ungeschlagen auf dem dritten Tabellenplatz und haben erst drei Gegentore kassiert. Immerhin ging es schon gegen Freiburg und Hoffenheim sowie Aufsteiger Nürnberg.

Auch der VfL Wolfsburg und Eintracht Frankfurt taten sich zudem schwer. Wolfsburg holte seinen Sieg erst durch ein Kopfballtor von Camilla Küver in der siebten Minute der Nachspielzeit in Köln. Frankfurt tat sich wiederum beim 4:3-Sieg gegen Leipzig am Montagabend ungemein schwer damit, die Partie unter Kontrolle zu bekommen.

Die Qualitätsfrage: Was bedeutet der Start für die Bundesliga?

Schon nach vier Spieltagen entsteht so die grosse Frage, was die Patzer der grösseren Klubs für die Bundesliga bedeuten. Einerseits ist zunächst die Begeisterung zu Recht hoch. Kein einziges Team konnte bisher alle drei Spiele gewinnen. Tabellenführer SC Freiburg liegt nur einen Punkt vorm siebtplatzierten Leverkusen. Union Berlin hat auf dem achten Rang drei Punkte Rückstand. In der vergangenen Saison lagen zwischen dem fünften Platz und Tabellenführer Bayern bereits fünf Punkte.

Die ersten Spiele haben allesamt den Eindruck vermitteln können, dass die Liga in der Breite ausgeglichener geworden ist. Auch die Aufsteiger bringen Qualität mit, sind in der Lage, den grossen Teams ein Bein zu stellen. Zwar sind erst drei Spiele gespielt, aber mehr Spannung würde der Bundesliga guttun – rein sportlich, aber auch aus Marketinggründen.

Auf der anderen Seite steht die Frage, wie konkurrenzfähig die deutschen Teams international noch sind. Eintracht Frankfurt schied jüngst deutlich gegen Real Madrid in der Champions League aus, Wolfsburg kommt trotz guter Ergebnisse überhaupt nicht überzeugend in die neue Saison und selbst bei den bisher starken Bayern sind nach dem 0:0 gegen Jena zumindest Fragezeichen erlaubt.

Eine abschliessende Analyse kann es in der noch sehr jungen Saison kaum geben. Spannend wird es jedoch allemal, dieses Thema zu beobachten. Denn die nationale Freude könnte international schnell wieder in grosse Debatten über den deutschen Fussball münden.

Die Einzelkämpferin: SGS Essen wird es schwer haben

Teil dieser Debatten ist die SGS Essen nur selten. Sie ist der letzte reine Frauenfussballverein in der Bundesliga. Eine Einzelkämpferin, die sich wie das berühmte gallische Dorf gegen die Besitzansprüche der grossen Klubs aus dem Männerfussball wehrt.

Nicht erst seit der 0:2-Niederlage bei Union Berlin am vergangenen Wochenende ist jedoch klar: In dieser Saison wird es sehr schwer für sie. Obwohl der Kader keinen allzu grossen Umbruch hinter sich hat, ist der Verlust des jahrelangen Trainers Markus Högner zu spüren. Gerade im Offensivspiel fehlt ihnen viel von der Dynamik und der Überzeugung, die sie in den letzten Jahren ausgezeichnet hat.

Essens Angriffe sind zu abhängig von den Ideen einzelner, im Kombinationsspiel gibt es zu wenig Zusammenhängendes. Noch ist ihnen kein einziger Treffer gelungen, im Schnitt stehen sie bei weniger als einem statistisch erwartbarem Treffer pro Partie – was unterstreicht, dass die Chancenqualität nicht sehr hoch ist. Gleichzeitig hat Essen bereits sieben Gegentore kassiert.

Wille, Einsatz, Laufbereitschaft – diese Attribute stimmen. Aber stimmt auch die Qualität? Eigentlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch die letzten Einzelkämpferinnen ihren Hut in der Liga nehmen müssen. Bisher konnte Essen immer dagegenhalten. Auch in dieser Saison? Die gute Nachricht ist, dass die Konkurrenz noch lange nicht enteilt ist. Bis zum achtplatzierten Union sind es nur drei Punkte. Jena steht punktgleich auf dem zwölften Rang, der den Klassenerhalt bedeuten würde.

Bundesliga: Und sonst so?

Der SC Freiburg ist unter anderem deshalb neuer Tabellenführer, weil sie ein sehr ausgeglichenes Spiel gegen den HSV mit 6:2 gewinnen konnten. Drei dieser sechs Treffer fielen ab der 82. Minute. Der Expected-Goals-Wert lag nur bei 1,1, während Hamburg auf 1,5 kam. Gerade in der zweiten Halbzeit waren die Hanseatinnen eigentlich das bessere Team – und doch zog Freiburg an die Spitze.

Auch Leverkusen konnte den Anschluss an die Spitze herstellen. Mit einem unspektakulären 1:0-Sieg in Nürnberg steht die Werkself nun bei sechs Punkten.

Bundesliga: Wie geht es jetzt weiter?

Schon am heutigen Dienstag macht die Bundesliga einfach nahtlos weiter. Auch am Mittwoch und Donnerstag wird gespielt. Grund dafür ist, dass am kommenden Wochenende die erste Runde des DFB-Pokals ausgespielt wird.

Drei Topspiele ziehen in der englischen Woche besondere Aufmerksamkeit auf sich: Bayern (2.) empfängt Freiburg (1.) zum Spitzenspiel, Bremen (3.) fährt nach Wolfsburg (4.) und Frankfurt (6.) muss sich in Leverkusen (7.) steigern, um oben dranzubleiben.

Empfehlungen der Redaktion

Die Partien im Überblick:

  • FC Bayern vs. SC Freiburg (Dienstag, 18:00 Uhr)
  • Carl Zeiss Jena vs. Union Berlin (Dienstag, 19:00 Uhr)
  • TSG Hoffenheim vs. 1. FC Nürnberg (Mittwoch, 19:00 Uhr)
  • VfL Wolfsburg vs. Werder Bremen (Mittwoch, 19:00 Uhr)
  • SGS Essen vs. 1. FC Köln (Mittwoch, 19:00 Uhr)
  • RB Leipzig vs. Hamburger SV (Donnerstag, 19:00 Uhr)
  • Bayer Leverkusen vs. Eintracht Frankfurt (Donnerstag, 19:00 Uhr)